Johannes Pahn und Elke Pahn
1 Einleitung
Die auditive Sensibilität für stimmsprachliche Elemente ist die wesentliche begrenzende Schwelle für Übungserfolge noch vor der Kineto-Motorik. Naturgemäß hängt das differenzierende Hören akustischer Ereignisse eng mit Musikalität zusammen. Diese bezieht sich nicht nur auf Lautstrukturen, sondern auch auf Melodie, Rhythmus und Dynamik der Sprache. Letztere drei Elemente stehen bei Stimmübungen im Vordergrund im Hinblick auf ihren instrumentalen Charakter und ihren Verlust bei Stimmstörungen und -erkrankungen. Sie unterliegen stark regionalen Besonderheiten. Sprachmelodie bedeutet Stimmbewegung in einem Tonraum bis zu zwei Oktaven. Sprachrhythmus bedeutet ständige Unterbrechung der Stimme mit variablen Übergängen, Ein- und Ausschwingphasen bis zu sechsmal pro Sekunde. Dynamik bedeutet Schalldruckbewegung in einem Intensitätsbereich bis zu 110 dB. Hinter diesen auditiv erfassbaren Elementen stehen eine große Zahl bedingt reflektorischer Regulationen mit Sensorik und Kineto-Motorik. Diese Regulationen lassen sich nur wenig verändern, wenn die auditive Erkennbarkeit ihrer Wirkung ungenügend und die Kontrolle auf visuelle, palpatorische, tastende, vibratorische, spannende und bewegende Empfindungen beschränkt bleibt. Sprechen und Singen sind für das Ohr bestimmt. Weder Technik noch andere Sinne vermögen diese Funktionen besser zu überwachen. Bei niedriger auditiver Sensibilität muss deshalb mit einem selektiven Hörtraining die Voraussetzung für Übungserfolge erst geschaffen werden. Je nach Übungsziel sind Schwierigkeitssteigerungen von sehr leicht bis sehr schwer möglich, letztere wohl mehr für die Stimmbildung als für die Therapie. Die Auswahl wird immer mit individueller Anpassung der Übungskonzeption eine Aufgabe des Therapeuten bleiben. Die Grundlage dafür bietet der Test der auditiven Sensibilität für formale sprachliche Elemente mit Unterscheidung der perzeptiven und produktiven Fertigkeit. Extrem niedrige Testresultate machen Übungserfolge der Stimme und Sprache auch mit Hörtraining wenig wahrscheinlich. Niedrige Resultate sprechen für Hörtraining, beginnend mit allgemein musikalischen Elementen. Die Chancen hängen sehr von der musikalischen Veranlagung ab, die im günstigen Falle wohl gegeben ist, aber mangels Übung zu keiner Fertigkeit geführt hat. Der Fehler ist in der Kindheit zu suchen und lässt sich, wenn auch aufwendig, zum Teil korrigieren. Mit zunehmendem Alter verringern sich jedoch dahingehende Erwartungen. Eine völlig fehlende Begabung lässt sich nicht aufbessern, tritt aber seltener auf, als angenommen wird. Der Unterschied gibt sich bereits nach kurzer Hörtrainingszeit von etwa einer Woche zu erkennen.
2 Hinweise zur Durchführung
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